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IN HERZBERG WIRD GEBAUT

Christian Voigt, 6.12.2020
Abschiedsworte in der
Herzberger Stadtverordnetenversammlung am 3.12.2020 

Als ich im Jahr 2008 erstmalig in die Stadtverordnetenversammlung gewählt wurde, dachte ich, es wäre alles normal in unserer Stadt. Im Laufe der folgenden Jahre stellte ich aber fest, wie sich die Wirklichkeit 19 Jahre nach der Wende darstellte.

Die Stadtverordnetenversammlung war fest im Griff der etablierten Parteien. Die Parteien vor Ort fest im Griff der Bundesparteien. Es ging selten um das, was jemand sagte, sondern aus welchen Reihen das Gesagte kam. 

Stadtverordnete, die ein eigenes Geschäft und eine zum Bürgermeister abweichende Meinung hatten, fanden bei öffentlichen Aufträgen keine Berücksichtigung mehr.

Vereine erhielten keine Unterstützung seitens der Stadt, wenn die Nase des Vorsitzenden nicht passte.

Die Stellenbesetzung in der Stadtverwaltung erfolgte in der Regel nach Parteizugehörigkeit oder dem Grad der Loyalität zum Bürgermeister.

Jugendarbeit fand nicht statt.

Der Herzberger Bauhof glich einem Selbstbedienungsladen. 

Die Erkenntnisse, die ich in meinen ersten fünf Jahren als Stadtverordneter gewann, wie unsere Stadt "funktionierte" und die Hoffnung, dies ändern zu können, riefen in mir den Wunsch hervor, erneut in die Stadtverordnetenversammlung gewählt zu werden. 

Ich fand zwei Mitstreiter, Ulf (Lehmann) und Frank (Lehmann), die gemeinsam mit mir als Wählergruppe Herzberg Zählt in die Wahl 2013 und dann in Fraktionsstärke in die Stadtverordnetenversammlung zogen.

Auch wenn das beleidigte Leberwürste anders sehen, unsere Kritik war stets sachlich, sie beruhte auf Fakten, gleichwohl Zeugen dann öffentlich doch so gut wie nie zur Verfügung standen. Zu groß war die Angst vor entsprechenden Folgen. Unsere Kritik war öffentlich, nicht anonym. 

Bei der Bürgermeisterwahl 2017 traten erstmalig ausschließlich Kandidaten an, die keiner Partei zugehörig waren. Sehr vermutlich diese Konkurrenz war es, die den ehemaligen Bürgermeister das Handtuch werfen ließ. Der Weg in ein neues Herzberg war frei.

Zur Kommunalwahl 2019 konnten Frank, Ulf und ich viele Mitstreiter für Herzberg Zählt gewinnen, darunter auch den Stadtverordneten Marco Hammer von der “Konkurrenz”. Leute, die sich aus voller Überzeugung und mit ganzem Herzen für unsere Stadt einbringen wollen. Eine altbewährte, jedoch legale Wählertäuschung der Ländlichen Wählergruppe verhinderte, dass heute wesentlich mehr von diesen tollen Menschen, die für Herzberg Zählt antraten, in der Stadtverordnetenversammlung sitzen.

Wie sieht Herzberg heute aus?

Wir haben eine Stadtverordnetenversammlung, deren Sitze augenscheinlich überwiegend Personen innehaben, die nicht Mitglied einer Partei sind.

Wir haben einen Bürgermeister, der Willens ist, unsere Stadt und deren Verwaltung zeitgemäß aufzustellen.

Wir haben einen genehmigten Stadthaushalt. Ehrlicherweise haben wir diesen wohl eher den akribischen Bemühungen des Bürgermeisters und seiner Mannschaft als irgendeinem Stadtverordneten zu verdanken. 

Wir haben einen Jugendbeirat und eine Jugendkoordinatorin. 

In Herzberg wird gebaut. Nicht nur Spielplätze oder Freizeitanlagen. Wir bauen Schulen. Wir bauen Straßen. Wir bauen oder reparieren auch Gehwege und dies unabhängig von fadenscheinigen Petitionen. 

Nach zwölfeinhalb Jahren ist für mich der Zeitpunkt gekommen, mit gutem Gewissen meinen Platz zu räumen und einer frischen Stimme Chance auf Gehör zu verschaffen. 

Ab dem 1. Januar 2021 werde ich nicht mehr Stadtverordneter sein. René Kiepisch wird meinen Platz einnehmen und seine Vorstellungen und Ideen von einem gemeinschaftlichen und lebenswerten Herzberg einbringen.

Ich möchte mich zukünftig voll und ganz auf meine liebe Familie, meine Freunde und meinen Beruf, der mir sehr viel Freude bringt, aber auch viel Zeit abverlangt, konzentrieren können.

So ist auch die Gefahr gebannt, dass ich einer der “ewigen” Stadtverordneten werde, die hier sitzen, weil sie schon immer hier sitzen.

Was möchte ich Ihnen/Euch mit auf den Weg geben?

Die Gremien der Stadt sind keine Bühne für persönliche Eitelkeiten. Hier geht es nicht um Macht und schon gar um die Demonstration derer. 

Glauben Sie nichts, was Sie hören. Hinterfragen Sie alles. Glauben Sie nicht die Wahrheit. Egal wer diese äußert. 

Lassen Sie sich nicht blenden von Großzügigkeiten. Bestehen Sie auf Ihre Unabhängigkeit. Niemand sitzt hier, um denjenigen widerspruchslos zu folgen, die das nächste Event bezahlen, die die Vereinskasse auffüllen oder die Ihnen mit Konsequenzen für den Fall einer abweichenden Meinung drohen. Für alle, die es aus unterschiedlichsten Gründen vergessen haben. Sagen sie Ihre Meinung.

Ich bedanke mich bei allen, die mich in den letzten zwölfeinhalb Jahren begleitet und fair behandelt haben, sei es in der Stadtverordnetenversammlung oder im Kreistag. Ich danke allen, die offen mit mir über den richtigen Weg gestritten haben. Ich bedanke mich bei meiner Frau, dass sie sich nie beschwert hat, wenn die Zeit in den Gremien der Stadt und des Kreises scheinbar wichtiger war als das Wichtigste überhaupt. Die Familie.

Machen sie es gut, etwas Stoff zum Lesen habe ich Ihnen mitgebracht - und völlig unabhängig von der täglichen Panikmache um ein Grippevirus:

Bleiben Sie gesund!


Artikel Lausitzer Rundschau vom 5.12.2020

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